Jahr:
2022
Land:
Cook Island
Universität:
Hamburg

2022: Cook Island

Famulaturbericht Cookinseln
2022
Steffi Könemann und Tim Forster (Universität Hamburg)

Wie kommt man eigentlich darauf, ans andere Ende der Welt zu fliegen, um dort zu arbeiten? Auf diese Frage sollte man sich hier schon mal einstellen, da man viel weiter weg aus Deutschland nicht reisen kann. In unserem Fall haben wir überhaupt erst von der Möglichkeit dieser Reise durch ehemalige Kommilitonen gehört, die diese Gelegenheit schon während des Studiums ergriffen haben. Da uns in den klinischen Semestern diese Chance durch Covid genommen wurde, haben wir uns als frische Studium Absolventen dazu entschlossen, mal das Gegenteil einer geordneten Hamburger Uniklinik zu erleben.

Die Planung der Reise begann im Mai 2022 mit einer kurzen Vorstellung per Mail an Dr. George Hosking (george.hosking@cookislands.gov.ck). Als kleiner Tipp: man sollte die Nachricht ruhig alle paar Wochen erneut abschicken, da ist einem keiner böse. Die erste Antwort gab es nämlich erst Ende Juli, dafür war das dann aber auch direkt die Bestätigung und wir konnten uns einen Zeitraum aussuchen, in dem wir gerne kommen möchten.

Mit der Zusage in der Tasche ging es dann ans Spenden sammeln, an dieser Stelle ein großes Dankeschön an Henry Schein Dental, die Johannes Weithas GmbH & Co. KG und Martin Wächter für das Bereitstellen so vieler wichtiger Materialien. Als alles bei uns angekommen war, haben wir es per DHL auf die Cooks gesendet. Der Versand kann gerne über einen Monat dauern, also am besten rechtzeitig losschicken oder in einem extra Koffer mitnehmen.

Zur Vorbereitung gehört dann natürlich noch die Vorstellung beim ZAD, dessen Hilfe mit einem Fahrtkostenzuschuss und der Bereitstellung von Famulaturberichten einem sehr unter die Arme greift.

Da unsere Zeitpläne es nicht anders zuließen, haben wir uns dafür entschieden, getrennt zu fliegen. Ich habe meinen Flug mit einem Zwischenstopp in Neuseeland auf dem Hinweg und einem in Südkorea auf dem Rückweg für jeweils ein paar Tage unterbrochen. Steffi hat sich für die Version “Direktflug” Hamburg-Frankfurt-L.A.-Auckland-Rarotonga eineinhalb Wochen später entschieden – diese 43 Stunden Tortur würden wir aber niemandem empfehlen. Endlich am Flughafen in Rarotonga angekommen, wurde ich von Dr. George abgeholt und ein bisschen mit dem Auto über die Insel gefahren. Als Unterkunft hat er uns ein Doppelzimmer im Mauke Hostel gebucht, welches mittig zwischen dem Stadtzentrum von Avarua und der Zahnklinik liegt. Man kann somit sowohl den Strand, die Arbeit als auch den Supermarkt fußläufig gut erreichen und auch ein Gym ist direkt nebenan. Uns wurde ein Motorroller oder Fahrrad empfohlen, wir haben uns jedoch fürs Laufen und für die beiden Busse entschieden, die jeweils einmal stündlich in beide Richtungen um die Insel fahren.

Da ich kurz vorm Wochenende angekommen bin, hatte ich erst mal ein paar Tage Zeit mich an das Wetter zu gewöhnen. Wir hatten hier sehr konstante 25-27 Grad mit einer
Luftfeuchtigkeit um die 80 % und auch in der Nacht kühlt es nicht richtig runter. Man gewöhnt sich aber daran, auch wenn es sich erst nicht danach anfühlt. Zum Schlafen sollte man auf jeden Fall ein Mückennetz mitnehmen, was auch unter der Matratze eingeklemmt wird. Etwas, das ich in der ersten Nacht nicht gemacht habe und durch eine der vielen Kakerlaken im Gesicht geweckt wurde.

Am ersten Arbeitstag wurde nicht viel Zeit verschwendet, mir wurden die sechs Behandlungsstühle gezeigt und ich wurde den Ärzten und ZFAs vorgestellt. Dann wurde mir
auch schon der erste Patient auf den Stuhl gesetzt und es ging mit Extraktionen los. Eine Einwilligungserklärung zur Behandlung wird man hier lange suchen und auch bestehende Röntgenbilder wird man keine finden. Einzelzahnfilme hält der Patient selbst im Mund fest und sie werden direkt am Stuhl mit einem mobilen Röntgengerät gemacht. Die Filme werden anschließend per Hand in einer Dunkelkammer entwickelt. Es gibt aber auch die Möglichkeit, ein OPG anfertigen zu lassen, was aber auf jeden Fall keine Routine ist. Direkt neben der Zahnklinik ist auch eine allgemeinmedizinische Ambulanz, hier können Risikopatienten mit Bluthochdruck und Diabetes vor der Behandlung einem schnellen Test unterzogen werden. Generell sind beide Erkrankungen aufgrund der hohen Prävalenz von Übergewichtigkeit in der Bevölkerung sehr häufig.

Der Arbeitsalltag lässt sich größtenteils in Extraktionen und Füllungen unterteilen, ab und zu ist auch mal eine Zahnreinigung dabei. Paro-Behandlungen finden leider überhaupt nicht statt und generell ist die Aufklärung der Bevölkerung über Mundhygiene eher mangelhaft. Während unseres Aufenthalts haben wir kaum einen jungen Menschen mit geschlossener oder vollständiger Zahnreihe gesehen. Leider haben viele Kinder mit 3-4 Jahren noch keine Zahnbürste in der Hand gehabt und dementsprechend viel Karies. Zwei Jungen mit 7 und 9 Jahren haben wir sogar 6er extrahieren müssen. Die Behandlungsstühle sind teilweise sehr in die Jahre gekommen. Manchmal funktionieren Lampen oder Absaugungen nicht, aber es findet sich immer irgendwie eine Lösung. Die Klinik auf Rarotonga ist sehr gut ausgestattet, aber etwas chaotisch. Wie auch schon einige andere Famulanten zuvor geschrieben haben, sucht man hier alles aus verschiedensten Schubladen passend zusammen. Sobald Fragen
oder Probleme bei den Behandlungen auftauchen, bekommt man direkt freundliche Hilfe und so haben wir mit der Zeit einiges an wertvollen Erfahrungen sammeln können.

Die Behandlungstage auf Rarotonga gingen montags bis freitags von 8 bis etwa 16 Uhr, manchmal auch kürzer, je nachdem wie viele Patienten da waren. Unsere Freizeit haben wir hauptsächlich an den wunderschönen Stränden verbracht. Wir können euch auch sehr empfehlen ein paar kleine Brett- oder Kartenspiele, Schnorchel und Taucherbrillen mitzubringen. Nach drei Wochen auf Rarotonga sind wir auf die Insel Aitutaki ca. 260 km weiter nördlich geflogen. Die Flüge und die Unterkunft (Bungalow mit Strandnähe) hat uns George spontan eine Woche vorher organisiert. Die Kosten für 6 Nächte auf einer der schönsten Inseln der Welt lagen pro Person bei etwa 800 NZ-Dollar (inkl. Flüge). Auf Aitutaki angekommen, wurden wir sehr herzlich mit Blumenketten von Sparky und einem Arzt des Krankenhauses empfangen. Sparky ist als “Dental  Therapist” auf Aitutaki tätig und macht von Zahnreinigungen bis Extraktionen fast alles. Für kieferorthopädische, endodontische, prothetische und einige chirurgische Behandlungen müssen die Patienten allerdings nach Rarotonga fliegen. Die “Dental Clinic" besteht aus einem einzigen Zimmer mit einem Behandlungsstuhl, Steri, Lager und einem Computer und liegt innerhalb des Krankenhausgeländes zentral auf der Insel. Ein Röntgengerät gibt es leider nicht, aber ein kleines Labor mit Handstück und Fräsen. Es fehlen auf Aitutaki viele Materialien, besonders um Prothesen herzustellen, zu erweitern oder zu reparieren und auch die Absaugung am Stuhl war defekt, was einige Behandlungsschritte erschwert hat. Morgens wurden wir von einem der Ärzte mit dem Auto zur Klinik mitgenommen und nach Feierabend gab es immer jemanden, der einen wieder nach Hause bringen konnte.

Die Bewohner der Insel sind unglaublich nett und dankbar für jede medizinische Unterstützung, die sie besuchen kommt. Wir wurden daher während unseres Aufenthaltes immer wieder zum Essen eingeladen und sehr herzlich aufgenommen. Am Wochenende haben wir dann eine Bootstour durch das Atoll mit Schnorcheln und anschließendem BBQ auf One Foot Island gemacht, ebenfalls etwas vergünstigt durch unsere Vermieterin. Diese Tour können wir jedem ans Herz legen, so etwas wird man so schnell nicht wieder erleben können.

Alles in Allem war die Zeit auf den Cookinseln wirklich wunderschön und wir können euch eine Famulatur hier wärmstens empfehlen!

Zum Abschluss noch ein Wunsch der Klinik an die nächsten Famulant:innen: Es werden dringend chirurgische Materialien und Instrumente benötigt. Beim Sammeln der Spenden also gerne den Fokus darauf legen.

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