Bolivien
Bolivien 2024
25.02.2024 - 29.03.2024
Bereits im September 2023 war ich für eine Famulatur in Peru eingeplant worden. Durch stetige politische Unruhen seit dem Jahr 2022, indem die Planung beginnen sollte jedoch immer wieder unklar, ob eine solche vor Ort stattfinden könne. Umso trauriger wurde ich, als ich das Projekt absagen musste. So war ich voller Tatendrang ein anderes Projekt unterstützen zu können!
Nachdem ich mich recht spontan dazu entschloss in meinen letzten Semesterferien im Anschluss an das 9. Semester eine Famulatur absolvieren zu wollen, war es im November 2023 dann soweit. Mit einer Kommilitonin zusammen, nahmen wir mit der guten Seele der Organisation „dentists & Friends“, Annette Kontakt auf. Nach den ersten Emails stellte sich jedoch ein kleines Problem raus. Wir hatten keinen TeilnehmerInn, die gutes Spanisch beherrschte. Für Bolivien war dies jedoch essentiell. So setzte man mich erstmals auf die Warteliste, bis die liebe Toni dem Team beitrat. Einige Wochen später war unser Team 2 für das Jahr 2024 in Bolivien dann aber komplett! Bei einem ersten Zoom-Treffen, lernten wir dann Antonia und Klaus kennen. Durch die weitere Planung führten uns Annette und Max Steiner von Hostelling International hervorragend hindurch. Er war nämlich der lokale Ansprechpartner in Bolivien und Annette´s dritte Hand. Von Ablaufplan, zu Kostenfragen und Flugbuchungen hatte man immer einen Ansprechpartner und wurde gut unterstützt und beraten worden. Kaum hätte ich erwartet noch so spontan einen Famulaturplatz bei einer solch guten Organisation zu bekommen. Ich lege die Organisation wirklich jedem ganz ganz doll ans Herz!
Am 25.02 ging die große Reise von München, über Madrid - nach Santa Cruz de la Sierra in Bolivien los. Dort gelandet, passierten wir erfolgreich die Passkontrolle und wurden wie geplant, abgeholt. Hier traf ich das erste Mal auf Klaus, der aus Frankfurt kam. In der von Hostelling International bereitgestellten Unterkunft angekommen, lernten wir dann auch endlich Toni kennen. Wir alle verstanden uns auf Anhieb sehr gut!
Nachdem wir unsere Sachen ablegten, wurden wir von unserer Ansprechpartnerin Nacira abgeholt, machten Material- und Lebensmitteleinkäufe und fuhren zur Plataforma Solidaria. Dies sollte unser Einsatzort für die ersten 2 Wochen sein. Die Plataforma ist ein Ort, an dem Kinder aus den ärmeren, umliegenden Vierteln Mittagessen serviert, Hausaufgabenbetreuung und andere freizeitliche Aktivitäten angeboten, bekommen. Die gute Seele der Plataforma ist Ronal. Er und die Kinder haben uns alle herzlich aufgenommen. So war ein tägliches Gebet und gemeinsames Mittagessen ein tägliches, schönes Ritual.
Dienstagmorgen ging es dann 8.30 richtig los. Wir wurden täglich morgens abgeholt und zur Plataforma gebracht. Hier nahmen wir uns als erste Amtshandlung immer den Sterilisator vor und bereiteten alles für einen Behandlungstag vor. Voller Tatendrang warteten wir auf die ersten Patienten. Die erste Sorge, dass kaum Patienten kommen sollten, löste sich recht bald in Luft auf. Während die ersten 2 Tage erst anlaufen mussten, kamen wir bald nicht mehr hinterher. Um vielen Patienten helfen zu können, mussten wir somit unglücklicherweise oft die ein oder andere Behandlung auf den nächsten Tag vertrösten. Hierbei umfasste das Behandlungsspektrum Zahnreinigungen, Fluoridierungen, Füllungstherapien, Extraktionen und andere kleine chirurgische Eingriffe. Da wir zu viert angereist waren, konnten lediglich immer 2 Personen behandeln. Den Dreh bekamen wir aber recht schnell heraus uns fair reinzuteilen. Eher schwieriger gestaltete sich von Beginn an die Einheit, die so ihre Eigenheiten mit sich brachte: Einerseits sollte die Wasserkühlung bis zum Ende nicht adäquat funktionieren, andererseits konnte man den Stuhl nicht behandlungsgerecht einstellen. Zudem kam ich mit meinen mangelnden Spanischkenntnissen anfangs sehr an meine Grenzen. Hierbei kann ich an alle anderen nur raten: Wiederholt die Vokabellisten gut! Zusätzlich kam man aber mit Google-Übersetzer und Gestik ein großes Stück weiter. Trotz aller Schwierigkeiten, lernte man schnell unter der gravierenden Mundgesundheit der Bolivianer, zu improvisieren. Hierbei führte oft der Weg an einer Extraktion leider nicht vorbei, da alternative Behandlungsmöglichkeiten dort nicht umzusetzen waren oder keine finanziellen Mittel bestanden, um einen anderen Zahnarzt aufzusuchen. Dies fiel uns oft sehr schwer zu akzeptieren, da man oft das Gefühl hatte, dass uns die Hände gebunden sind! Wurzelkanalbehandlungen, SSA, weitere Prothetik o.Ä waren einfach leider nicht möglich… Insgesamt konnten wir dennoch in den 2 Wochen circa 150 Kindern und Erwachsenen helfen und für mehr Bewusstsein sorgen.
Nach circa 2 Wochen ging es dann für uns mit einem kleinen Zwischenstopp in Sucre, zur Höhenakklimatisation, über Uyuni, nach La Paz. Die kurze Auszeit tat uns allen gut und wir freuten uns auf den Ortswechsel. Die Organisation war wirklich perfekt. Wir hatten immer einen Ansprechpartner vor Ort, mit dem wir über WhatsApp kommunizieren konnten. Alle Hotels und Busse waren für uns gebucht, sodass wir uns um nichts kümmern mussten. Die Höhe merkten wir nur in den ersten paar Tagen etwas (leichte Kopfschmerzen). In den folgenden Tagen wurde das aber immer besser. Nur bei anstrengenderen Tätigkeiten merkten wir den Sauerstoffmangel.
Unsere letzten zwei Wochen verbrachten wir in Challa auf der Isla del Sol des Titicacasees auf 3.800hm. Nachdem wir am Samstag von La Paz mit dem Bus nach Copacabana gebracht wurden, erwartete uns Nelson am Hafen und uns stand eine ca. 2-stündige Bootsfahrt mit den Einheimischen bevor. Beherbergt wurden wir in Challa von Nelson und seiner Familie, die alle sehr herzlich und gastfreundlich waren. Sie versorgten und mit täglichem Frühstück, Mittagessen und Abendessen, da es auf der Insel keine Einkaufsmöglichkeiten außer ein paar Kiosks gibt. Am Sonntag wollten wir uns dann das Consultorio dental anschauen. So machten wir uns auf den 20-minütigen Fußweg den Berg hinauf. Wir hatten auch gleich den ersten Patienten (Nelsons Bruder). Wir waren sehr erfreut über die deutlich bessere funktionierende Behandlungseinheit und den größeren Raum. Am Montag morgen sollten wir kurz in der Schule vorgestellt werden. Da es aber leider sehr regnerisch war, wurden wir auf den nächsten Tag vertröstet. Da wurden wir dann im Rahmen des Vatertagsfestes kurz vorgestellt. Die ersten paar Tage kamen leider nur wenige Patienten zur Behandlung. Wir merkten schnell, dass der Bedarf zwar sehr groß ist, die Inseleinwohner aber sehr schüchtern sind und einige große Angst haben. Daher sprachen wir aktiv alle Vorbeilaufenden an, ob sie eine Behandlung oder auch nur Inspektion wollen. Manche konnten wir so überreden. Gegen Ende der ersten Woche war der Andrang dann deutlich größer und wir konnten den Menschen mit Füllungen, Kontrollen, Zahnreinigungen, Fluoridierungen, Extraktionen und kleinen chirurgischen Eingriffen helfen. Ein großer Vorteil in Challa ist, dass der Behandlungsraum groß genug war, sodass auch diejenigen, die gerade nicht behandelt haben, zuschauen und dabei sein konnten. Insgesamt hatten wir in den 2 Wochen jedoch deutlich weniger Patienten als in Santa Cruz, was aber eventuell dem Regen und den vielen Festen (Vatertag, Jahrestag der Schule, Ostern), die während unserer Zeit dort stattfanden, zuzuschreiben ist.
Am Wochenende hatten wir genug Zeit, die Insel zu erkunden. Am Samstag sind wir nach Yumani gelaufen (ca. 1,5h) und haben dort ein bisschen Zeit im Internetcafé bei leckerem Mittagessen verbracht. Am Sonntag ging es dann über Challapampa in den Norden der Insel zu den Inkaruinen. Der Weg dahin lohnt sich besonders. Nicht nur der Küstenweg, sondern auch der Höhenweg sind perfekt, um die wunderschöne Landschaft zu genießen. In Challapampa konnten wir auch gut zu Mittag essen und noch einmal das WLAN ausnutzen.
Die letzten Tage vergingen dann wie im Flug. Nachdem wir die letzten Patienten noch gut versorgt hatten, die Inventarliste erneuert und die Praxis aufgeräumt hatten, wurden wir am Freitag wieder mit Boot und Bus nach Copacabana gebracht. Dort konnten wir noch über den Markt schlendern und ein letztes gemeinsames Mittagessen genießen, bevor sich unsere Wege getrennt haben. Denn für Toni ging es dann weiter nach Cusco und Ich, Klaus und Hannah wurden von Nelson wieder in den Bus nach la Paz gesetzt. Der Abschied war sehr traurig, da wir alle in den letzten Wochen sehr zusammen gewachsen sind. Ich bin wirklich sehr dankbar, dass wir uns alles so gut verstanden haben.
Daher ein großes Danke für die tolle Zeit! Auch an Annette und Max Steiner für die herausragende Organisation. Bolivien wird immer in unserem Herzen bleiben!

