Nützliche Tipps
Probleme und Komplikationen bei Auslandsfamulaturen
Zum Thema "Probleme und Komplikationen bei einer Auslandsfamulatur" wurde diese Übersicht zusammengestellt, die sich hauptsächlich auf Famulaturen in Entwicklungsländern bezieht, bei denen Studierende der Zahnheilkunde und Jungapprobierte eigenverantwortlich zahnärztliche Behandlungsmaßnahmen durchführen. Die Vorbereitung für solche Auslandseinsätze sind außerordentlich wichtig. Durch sinnvolle und wichtige Informationen können im Vorfeld einer Famulatur eine Menge Probleme aus dem Weg geräumt werden. Besonders wichtig ist ein enger Kontakt zu den entsprechenden Ansprechpartnern in Deutschland, bzw. zu Famulanten, die zu einem früheren Zeitpunkt an der Famulaturstelle gearbeitet haben. Des Weiteren sollte sich der Famulant über die kulturellen und sozialen Gegebenheiten und nicht zuletzt über die klimatischen Bedingungen am Famulaturort informieren. Zusätzlich zu den famulaturgegebenen Vorbereitungen sollten die üblichen Vorbereitungen für eine touristische Auslandsreise getroffen werden.
Nichtanmeldung vor Ort
Nach der Bestätigung über den Zeitpunkt der Famulatur sollte sich der Famulant mindestens zwei Adressen von Ansprechpartnern vor Ort (möglichst mit privater Telefonnummer) schriftlich geben lassen, die über die geplante Famulatur und den Zeitpunkt der Anreise informiert sind. Es empfiehlt sich ca. 10 Tage vor Famulaturbeginn einen persönlichen Kontakt (nicht mit Mail oder Brief) zu dem entsprechenden Ansprechpartner herzustellen und die letzten Unklarheiten zu besprechen (evtl. mit Dolmetscher).
Nichtabholung vor Ort
Dies ist kein echtes Problem, wenn die Adresse eines Ansprechpartners vor Ort (möglichst mit privater Telefonnummer) nicht greifbar ist. Am Flughäfen sollte besonnen die Situation abgeschätzt werden. Leider gibt es an vielen Flughäfen sehr aggressive Taxifahrer, die zum Teil mit Tricks an zahlungskräftige Kunden kommen wollen. Meist gibt es eine Flughafeninformation, die zumindest ein Telefongespräch oder eine ehrliche Taxifahrt vermitteln kann. Es empfiehlt sich, in Landeswährung etwas Bargeld für Telefonat und/oder Taxifahrt schon aus Deutschland mitzubringen.
Zollprobleme
Rechtzeitig vor Abflug solte sich über die allgemeinen Zollbestimmungen (Ein und Ausfuhr) gerade von medizinischen Gerätschaften und Medikamente informiert werden. In vielen Ländern ist die Einfuhr von Medikamenten beschränkt (gilt vor allem für abgelaufene Medikamente). Bitte schon in Deutschland abklären, inwieweit Zollerklärungen und beglaubigte Spendenbescheinigungen ausgestellt werden müssen. Reist man mit mehreren Personen, sollte jeder sein persönliches Gepäck in seinem eigenen Koffer haben, allgemeines Gepäck sollte auch zusammen gepackt werden. Fremde Geschenke oder auch Päckchen für Dritte (ohne Kontrolle des Inhalts) sollten auf keinen Fall transportiert werden (Schmuggel!). Gleiches gilt natürlich auch für die Heimatreise.
Gepäck
Neben den Zollbestimmungen sollten auch die Transportbestimmungen der Fluggesellschaften beachtet werden. Brennbare, ätzende oder giftige Substanzen dürfen im Flugzeug nicht mitgenommen werden (hierunter fallen u. a.: Wasserstoffperoxid, Spiritus, Alkohol 70-96%, Quecksilber) Beim Packen der Materialien sollte auf eine gute Polsterung und Auslaufschutz geachtet werden. Bitte beachten, dass der Gepräckbereich im Flugzeug Temperatur-/Luftdruckschwankungen unterworfen ist. Es sollte zuvor geprüft werden, ob Behandlungs- und Spendenmaterial auch als solches äußerlich markiert werden muss. Ziel und Heimatadresse sollten von außen auf das Gepäckstück geklebt (wasserdicht) sein und zusätzlich in Kopie dem Material beigelegt werden. Größe und Gewicht des Gepäcks bitte vorher mit der Fluggesellschaft (oder DB) abklären. Hat man Behandlungsmaterial in Kartons dabei, sollten diese mit Paketband gut verklebt werden. Sicherheitshalber Ersatz-Paketband ins Handgepäck packen damit ggf. nach der Zollkontrolle alles gut verschlossen werden kann. Material zum Eigenschutz (Handschuhe, Mundschutz, Schutzbrille, o. ä) gehört ebenso wie eigene Medikamente und Kopien der wichtigsten Dokumente ins Handgepäck. Ob eine Reisegepäckversicherung sinnvoll ist, muss jeder für sich entscheiden. Es kommt leider immer wieder vor, dass Koffer oder Spendenpakete verspätet oder gar nicht ankommen. Die Versicherung zahlt in diesem Falle eine bestimmte Summe des privaten Gepäckwertes. Für eine Famulatur ist aber das Abhandenkommen von Behandlungsmaterialien sehr ärgerlich, da möglicherweise das Material vor Ort fehlt und so bestimmte Behandlungsmaßnahmen nicht möglich sind.
Verlust vor Bargeld/Schecks
Bargeld sollte nur in geringen Mengen mitgeführt werden. In fast allen Ländern der Welt gibt es zumindest Banken, die bestimmte Kreditkarten zur Geldauszahlung akzeptieren. Ein sehr sinnvolles Zahlungsmittel ist auch der Travelercheck. Hier gibt es meist einige Wechselstuben oder Banken, die den Geldwert in ortsübliche Währung umtauschen. Sicherheitshalber sollte sich die Famulanten über die Möglichkeiten der Sperrung der Kreditkarte/Traveller Cheques informieren (Telefonnummern).
Unfall
Gefahr erkannt -Gefahr gebannt. Dies sollte man sich immer vor Augen führen. In einem fremden Land sollte man sich mit erhöhter Vorsicht und Umsicht bewegen; dies gilt vor allem im Straßenverkehr. Kurz nach Ankunft am Famulaturort, bietet es sich an, sich über die örtlichen Gegebenheiten informieren (Telefonnummer Polizei, Rettungsdienst, Krankenhaus, etc.)
Überfall
Gefahr erkannt -Gefahr gebannt. Um nicht als typisch deutscher Tourist (mit Schmuck und Kamera) aufzufallen, sollte man sich an die örtlichen Gegebenheiten anpassen. Mit besonderer Aufmerksamkeit sollte die Umgebung beobachtet werden. Ortskundige können über mögliche "gefährliche Gebiete" informieren. Bei einem Überfall empfiehlt es sich, ohne Hektik von allen geforderten Dingen (Geld, Schmuck, etc.) großzügig zu trennen, um keine Gefährdung einzugehen. Niemals dem Täter nach laufen oder sich wehren! Eventuell kann schon Kleingeld in einer Hosentasche, dass sofort ausgehändigt wird, eine brenzliche Situation unkompliziert beenden. Die anschließende Anzeige bei der örtlichen Polizei sollte obligatorisch sein.
Persönliche Probleme
Sprachliche Verständigungsprobleme
Ohne eine entsprechende Minimal-Kommunikation ist eine sonst sehr interessante Famulatur oftmals sehr unbefriedigend. In vielen Entwicklungsländern ist davon auszugehen, dass die Patienten und die betreuenden Personen vor Ort gar keine oder nur geringe Englischkenntnisse haben. Sicherlich ist es sinnvoll und bei manchen Famulaturstellen unabdingbar, sich in entsprechenden Kursen mit der Landessprache auseinander zu setzen. Wörterbücher sollten auf alle Fälle zum Reisegepäck gehören (besonders mit fachspezifischen Ausdrücken). Für die ersten Sätze bei Ankunft im Ausland sowie für Notfälle sollte der ein oder anderen Satz präsent sein.
Kulturelle und soziale Verständigungsprobleme
Oftmals erleben Famulanten zum ersten Mal fremde Kulturen mit ihren ganz spezifischen Eigenheiten. Vor dem Reiseantritt empfiehlt es sich, in entsprechenden Reiseführern über Besonderheiten informieren (z. B. Verhalten in Kirchen, Klöstern, Gastfamilien). Es sollte auch daran gedacht werden, dass für manche Kulturen die Rolle der Frau in der Gesellschaft eine andere ist, als in den Industrienationen. Zu beachten ist, dass bei afrikastämmigen Kulturen verschiedene Vodookulturen als Religionen existieren. Der (im guten Gewissen) mitge-gebene oder in den Abfall geworfene extrahierte Zahn kann so zu großen Problemen führen. Über mögliche Probleme von intimen Beziehungen zu Einheimischen sollte man sich im Klaren sein. Besonders bei Beziehungen zu Minderjährigen, sollte man damit rechnen, dass eine solche Beziehung strafrechtliche Konsequenzen (auch in Deutschland) haben kann. Es versteht sich von selbst, dass sich die Abgesandten der deutschen Zahnärzteschaft entsprechend verhalten. Ein unangemessenes Verhalten kann eine Famulaturstelle dauerhaft zerstören oder zumindest für nachfolgende Famulanten restriktive Verhaltensregeln nach sich ziehen.
Erkrankungen
Für eigene leichte Erkrankungen sollten Vorbereitungen getroffen werden und daher gehören entsprechende Medikamente aus Deutschland ins Reisegepäck (gegen Übelkeit, Durchfall, z. B. Elektrolytportionen). Gleiches gilt für gesundheitliche Probleme, die auch in Deutschland bekannt sind (Grippe, Erkältung, Regelschmerz, etc.). Auch hier ist es sinnvoll sich eine kleine Reiseapotheke zusammenstellen. Jegliche Erkrankung vor Ort sollte übrigens gut auskuriert werden, bevor es wieder mit der Arbeit los geht. Oftmals haben Einheimische gute Tricks um zumindest die leichteren Erkrankungen gut zu behandeln (Kokosnussmilch, etc.). Das die allgemein üblichen Vorsichtsmaßregeln beim Essen und Trinken eingehalten werden sollten, versteht sich von selbst. Problematischer ist die Situation bei ernsthaften oder lebensbedrohenden Erkrankungen, da der medizinische Standard bei der Maximalversorgung in vielen Ländern nicht dem Gewohnten in Deutschland entspricht. Es ist zu empfehlen, sich bei entsprechenden Instituten über notwendige und sinnvolle Impfungen zu informieren. An eine entsprechende Krankenversicherungen für den Auslandsaufenthalt ist ebenso wie auf eine Reiserückholversicherung zu denken. Bitte beachten, dass die in vielen Reisebüros angebotenen Versicherungen meistens nur für Reisen mit eine Maximaldauer von 4 Wochen gelten.
Fachliche Probleme
Zahnmedizinische Probleme: Prinzipiell sollten nur verantwortungsbewusste Personen einen Auslandsaufenthalt mit selbständiger, zahnmedizinischer Tätigkeit durchführen. Hierzu gehört auch ein entsprechendes Maß an fachlichem Wissen und eine gewisse Behandlungserfahrung (besonders im chirurgischen Bereich). Die Kenntnisse aus den ersten Behandlungssemestern reichen im Regelfall aus, um mit konservierenden Maßnahmen eine adäquate Therapie durchzuführen. Im chirurgischen Bereich sollte sich auf jeden Fall schon vor der Famulatur Wissen und Fähigkeiten angeeignet werden, um auch unerwartete Situationen meistern zu können. Es sollten nur Therapiemaßnahmen durchgeführt werden, die man in Theorie und Praxis beherrscht. Unter den schwierigen Bedingungen mit suboptimaler Gerät und Materialausstattung (z. B. fehlende Röntgeneinrichtung, ineffiziente Absaugungsmöglichkeiten) ist es weder dem Behandler und noch den Patienten zumutbar, dass Eingriffe durchgeführt werden, die kein voraussagbares positives Ergebnis haben. Vor den ersten Behandlungsschritten sollte sich der Behandler über die Möglichkeit einer qualifizierten Hilfe informieren. Oftmals sind praktizierende Kollegen vor Ort sehr aufgeschlossen gerne behilflich (eventuell gegen Bezahlung des Eingriffes). Prinzipiell sollte man sich an folgende Regel halten: Ein Fehler, den man nicht korrigiert ist ein zweiter Fehler. Diese Verantwortung sollte sich auf jeden Patienten erstrecken, egal ob in Deutschland oder in Entwicklungsländern. Die Behandlungen können nicht mit der in einer modernen Praxis oder Universitätsklinik in Deutschland verglichen werden. Oftmals muss improvisiert und von bekannten Behandlungsrichtlinien abgewichen werden.
Konservierende Behandlung
Jede noch so kleine kariöse Läsion sollte versorgt werden. Seitenzahn und Zahnhalsversorgung ausschließlich mit Amalgam (keine Kunststoff oder provisorische Füllungen, keine prophylaktischen Fissurenversiegelungen, da meist ölhaltige Kompressorluft). Kunststoffüllungen nur im sichtbaren Frontzahnbereich. Prioritätenliste: Frontzahn, Seitenzahn, Milchzahn. Möglichst quadrantenweise behandeln (z.B. Leitungsanästhesie ausnutzen), falls es keine Röntgenmöglichkeit gibt, sind endodontische Behandlungen im Seitenzahngebiet nicht zu empfehlen (Extraktion als Therapie); bei kleiner Pulpa aperta im Gesunden evtl. Versuch einer direkten Überkappung, Extraktion in allen anderen Fällen; Endo im Frontzahnbereich nur nach einer Vit-E bei tastbarem apikalem Stop.
Chirurgische Behandlung
Große kariöse Läsionen (Höckeraufbau) sind Indikator für die Extraktion mehrwurzelige Zähne. Bei schwieriger Extraktion die Wurzeln besser einzeln ziehen (Zeit lassen, Ruhe bewahren). Evtl. kleine abgebrochene Wurzelreste eines vitalen Zahnes im Knochen belassen, wenn chirurgische Beseitigung einen größeren Schaden verursachen würde. Keine prophylaktische Gabe von Antibiotika. Medikamentengabe nur durch den Behandler (Patienten werden hierzu einbestellt!) Wir empfehlen die Mitnahme einer guten chirurgischen Fachlektüre.
Allgemeinmedizinische Probleme
Als Zahnmediziner muss man auch für eventuelle Notfälle (vor allem während der Behandlung) gewappnet sein. Ein entsprechendes Wissen über Notfalltherapiemaßnahmen (allergische Reaktion, Epilepsie, etc.) ist möglicherweise lebensrettend.
Technische Probleme
Einem technisch begabten Menschen fällt es leichter, mit den zum Teil sehr einfachen Behandlungseinheiten zurechtzukommen und bei kleineren Defekten selbst Reparaturen durchzuführen. Soweit verfügbar, sollte vor den ersten Behandlungen Arbeitsanleitungen und Gerätebücher gelesen werden. Die Ansprechpartner vor Ort erklären gerne die Funktion und den Gebrauch von fremden Geräten. Gleiches gilt auch für unbekannte Materialien und Medikamente. Sehr wichtig ist eine adäquate Pflege der Behandlungsgeräte und der sorgsame Umgang mit der vorhandenen Einrichtung. Es gibt kaum etwas Ärgerlicheres, als (ohne schnellen Ersatz) in der ersten Famulaturwoche mit einer defekten Turbine vor unzähligen kaputten Zähnen zu stehen.
Material Probleme
In einigen Stationen, die regelmäßig von deutschen Famulanten besucht werden, gibt es ein Übermaß an unsinnigen Instrumenten, Materialien und unbrauchbaren Medikamenten. Leider ist oft die Dentalindustrie daran schuld, da eine "Spende" eine günstigste "Entsorgung" für nicht verkaufsfähige Ware darstellt. Unerfahrene Behandler nehmen so unkritisch kiloweise Material mit und trauen sich nicht, sinnlose und abgelaufene Materialien zu vernichten bzw. wieder nach Deutschland mitzunehmen. Leider fehlen oftmalsvor Ort wichtige und notwendige Materialien, da sich der Famulant zu wenig Gedanken über die Art der vor Ort durchführbaren Therapien gemacht hat. Als Hilfestellung ist eine Liste anhängig, wie eine eigenverantwortliche Famulaturstelle bestückt sein sollte, um eine konservierende und chirurgische Basisversorgung gewährleisten zu können. Ein leidiges Thema ist der Umwelt-schutz. Wir empfehlen, dass die selbst verursachten gesundheitsgefährdeten Abfälle mit nach Deutschland zurückgebracht werden sollten. Das Wegwerfen in den normalen Abfalleimer bedeutet in vielen Ländern, dass der dieser Müll kurze Zeit später hinter dem Haus/der Klinik wiederzufinden ist - gleiches passiert auch mit Abwässern. Oft sind Krankenhäuser auf diese Art der Müllentsorgung angewiesen, da es vor Ort keine entsprechenden Müllentsorgungseinrichtungen, etc. gibt.
Sonstige Tipps
Auch bei guter Vorbereitung gibt es immer wieder Überraschungen während einer Auslandsfamulatur, die mit Improvisationstalent bewältigt werden müssen. Hier noch einige wichtige allgemeine Punkte: Mückennetze und Mückenspray (für Moskitogebiete) mitnehmen. Steckeradapter sollten ebenso wie Taschenlampe und ausreichend Batterien/Akkus mit Ladegerät zur Grundausrüstung gehören. Auch die Stromversorgung (zwischen 110 -240 Volt) kann innerhalb eines Landes stark variieren. Sowohl der mitgebrachte Föhn, wie auch zahnärztliche Geräte (Poly-Lampe, Kapselmischer, etc.) können so in Sekunden zerstört werden. Speicherkarten für Fotoapparat oder Videokamera sollten in ausreichender Anzahl dabei sein, da diese vor Ort oftmals sehr teuer sind.